| zum Bild: von unten in eine Warré-Beute fotografiert |
Dass das Bienenwachs von den Bienen selbst gemacht wird, dass es vereinfacht gesagt fetthaltige weiße „Schweißperlchen“ sind, ist vielen bekannt. Weniger bekannt dürfte sein, dass der Ursprung für dieses seit Alters her wertgeschätzte Gut der gleiche ist, wie für den Honig: es ist der Nektar (oder auch andere süße Pflanzensäfte).
Nektar, der zu Honig werden soll, gelangt in den Honigmagen der Biene.
Nektar, der zu Wachs werden soll, gelangt vom Honigmagen der Biene weiter in ihren eigenen Magen.
Das, was die Biene aus ihrem Honigmagen dann hochwürgt, wenn sie wieder zuhause im Stock angekommen ist, gibt sie an ihre Genossinnen weiter. Der Wertschöpfungsprozess im Bienenstock vom wässrigen Nektar zum zähflüssigen Honig hat begonnen.
Und das, was die Biene über ihren eigenen Magen verzehrt, stärkt sie, gibt ihr Lebenskraft um auch die energieträchtigen Wachsplättchen schwitzen zu können.
Der Vorgang der Wachsherstellung fasziniert mich. Mich fasziniert, dass die Biene den Grundstoff des Nektars hinsichtlich seiner Bestimmung (Wachs oder Honig) zunächst trennt um es dann wieder in der Wabe, als Gemeinschaftswerk eines BIEN zusammen zu bringen, zu vereinigen. BIEN, so bezeichnen gerne Imker*innen den Gesamtorganismus des Bienenvolks.
Die Wabe – ein gemeinsamer Leib der Lebensprozesse des BIEN.
Die Wabe – in der die Leistungen des Individuums vereinigt sind.
Die Wabe – aus den Leistungen des Individuums umgebildete genossenschaftliche Heimat.
Umbildung – das Wort gefällt mir. In seinem Hauptwerk „Prinzip Hoffnung“ schreibt Ernst Bloch: „Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch.“ Mir scheint geradezu, als ob er diese Erkenntnis aus dem Sozialwesen BIEN entnommen hat.
Waben herzustellen, zählt zu den ureigensten Lebensäusserungen des BIEN. Hat man nur den Honig-Profit im Kopf, ist der Naturwabenbau kontraproduktiv, weil es Energie kostet und es am Ende weniger Honig gibt.
Hat man aber das Ganze im Auge, vllt. im symbolischen Sinn wie oben dargestellt, dass der BIEN mit seinem Wabenbau seine Heimat schafft, dann … dann versteht man das Ganze.
Auszug aus dem 4. Bienen Newsletter im November 2017 | Autor: Ulrich Miller | Bildrechte liegen bei Ulrich Miller