„bin z’friede“

Das Bienenjahr 2019 in meiner Imkerei kann sich wieder sehen lassen. „Ich bin zufrieden“.

Begegnen sich zwei Imker, dann kommt nicht selten nach der einleitenden Begrüßungsformel die Frage, „wie viel Honig hast du geerntet?“ Man kann sich gut vorstellen, dass es neben dem Jägerlatein auch ein Imkerlatein gibt. Honig zu ernten ist zweifelsohne nicht unwichtig, denn ich möchte schon gerne am Honig meiner Bienen partizipieren, aber das allein ist halt nicht das Wichtigste! Viel wichtiger sollte doch die Frage sein, wie es ihnen geht, ob sie vital sind, ob sie resilient sind, also Störungen von aussen gut aus eigener Kraft kompensieren können.

Ich habe meine Bienen in diesen Tagen vor Weihnachten besucht und sie freilich auch von ihren Milben befreit – die klassische Behandlung im Winter. Das schönste für mich, wie ich bei ihnen war: sie leben fast alle noch. Einige Völker sind (etwas) schwach. Was dafür die Ursache sein könnte? Schwierig zu sagen, aber ich beobachte schon seit Jahren, dass Völker in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen mit später Blüte im Jahr (Oktober bis zum Teil Anfang November) – sogenannte Greening-Flächen – tendenziell schwächer sind als solche Völker, die derartige Flächen nicht im unmittelbaren Umfeld haben. Zu erklären ist dies damit, dass diese Völker eifrig sammeln, nicht zur Ruhe kommen – was zu dieser Jahreszeit angebracht wäre – und sich mit dieser späten Tracht schlicht und einfach verausgaben. Ein Grund mehr für mich, stadtnah oder direkt in der Stadt meine Bienenvölker aufzustellen.

Bei einem Volk habe ich die Wärmedämmung und den Deckel weggenommen und folgendes Bild zeigte sich:

Bienen steigen aus den warmen Wabengassen hoch und schauen was da wohl los ist, „wer die Tür aufgerissen und die kalte Luft hereingelassen hat“

Sie befinden sich aktuell in der Winterruhe, sitzen dicht gedrängt in den Wabengassen, geben sich gegenseitig Wärme und ernähren sich von den Früchten ihrer Sommerarbeit, von ihrem eigenen Honig.

Das ist nicht selbstverständlich, denn in aller Regel nimmt der Imker ihr Honig mehr oder weniger restlos heraus und gibt ihnen stattdessen Zuckerwasser als Winterfutter.

Ich meine wir sollten auch den „Mindestlohn“ für Bienen einführen. Was will der Mindestlohn für den Werktätigen? Ein menschenwürdiges Leben aus der eigenen Arbeit ermöglichen. Und so eben der „Mindestlohn“ für die Bienen. Auf eigenem Honig sollen sie überwintern dürfen. Das ist das Mindeste, was wir ihnen schulden.

Trotz „Mindestlohn“ – also dass sie einen Teil ihres eigenen Honigs für den Winter behalten dürfen und ihnen nicht der letzte Tropfen weggenommen wird – gibt es für mich immer noch reichlich Gaben aus einem Bien – aus einem Bienenvolk: ca. 15 kg Honig, ca. 500 g Wachs, Propolis und ca. zwei neue junge Bienenvölker, die aus dem natürlichen Vermehrungsprozess des Altvolkes heraus entstanden sind und ja nicht zuletzt: jede Menge Freude!

Diese Freude mit den Bienen durfte ich in diesem Jahr nicht nur bei den Teilnehmer*innen von meinen mittlerweile klassischen Imkerkursen erleben, sondern insbesondere bei Schüler*innen der Berufschulstufe der St.-Nikolaus-Schule in Erding, an der geistig und mehrfach behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gefördert werden. Der Kurs erstreckte sich über 7 Tage, beginnend im Januar und abschließend im Juli. Wir haben Bienenkerzen gezogen, die dann von der Schülerfirma verkauft wurden, haben Bienenkästen in der schuleigenen Werkstatt gebaut, haben einem Schwarm ein Zuhause gegeben – im von uns selbst Gebautem – und natürlich auch Honig geschleudert. Die Freude des Schülers Dennis beim Duft an einer frisch gezogenen Wachskerze ist mir immer noch in Erinnerung. Bilder zu diesem Workshop kann ich wegen des Datenschutzes hier leider nicht veröffentlichen, aber ein abendliches Stimmungsbild bei Kerzenschein am Bienenstand in der Adventszeit.

„bin z’friede“ mit dem Bienenjahr 2019!

18.12.2019/UM